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M1 Abrams: Flüsternder Tod - Teil 1

Wie bei einigen anderen berühmten Konstruktionen war die Geburt des Abrams-Kampfpanzers nicht besonders einfach. In dieser Artikelreihe wollen wir uns das genau ansehen.

Um zum Ursprung des Programms zu kommen, das den Anfang des Abrams-Kampfpanzers bedeutete, müssen wir uns in die 60er-Jahre zurückbegeben, als der Patton-Panzer der führende Panzerkampfwagen der US-Armee war. Der Patton (einschließlich neuster Modifikationen) war eigentlich eine Weiterentwicklung des alten mittleren Panzers M26 Pershing aus dem Zweiten Weltkrieg. Er erwies sich bei mehreren Konflikten als einigermaßen effektiv, war aber weit davon entfernt, brillant zu sein: So erlitten zum Beispiel die Patten-Einheiten der israelischen Armee während des Jom-Kippur-Krieges 1973 hohe Verluste, und obwohl das Problem später gelöst werden konnte (insbesondere dank Veränderungen an der Konstruktion, aber auch dank hervorragendem Training der Besatzung), war der Ruf dieses amerikanischen Arbeitspferds nachhaltig beschädigt.

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Das amerikanische Programm zur Ersetzung der M48/M60-Serie hatte bereits 1963 begonnen, als die Armee beschloss, sich an einem internationalen Entwicklungsprogramm mit Deutschland zu beteiligen (das man in Bezug auf den Panzerbau für sehr erfahren hielt). Das Programm führte schließlich zur Entstehung des Kampfpanzers MBT-70, eines neuen, vereinheitlichten Panzers für die NATO-Staaten, dessen Kraft all seine Gegner übertraf. Die Amerikaner wollten, dass das Fahrzeug mit allerneuester Technik ausgestattet wird: unter anderem einem Shillelagh-Raketenwerfer, einem automatischen Lademechanismus, einem ausgeklügelten Feuerkontrollsystem und einer hydraulisch anpassbaren Aufhängung. Sein hohes Entwicklungsniveau wurde dem Fahrzeug 1968 zum Verhängnis, denn das Projekt kostete das Fünffache der ursprünglich geplanten Kosten, was die Deutschen dazu veranlasste, das gemeinsame Projekt aufzugeben und sich auf die Entwicklung ihrer eigenen - erfolgreichen - Leopard-Panzer zu konzentrieren. Die US-Armee versuchte weiter, am Fahrzeug zu basteln - das Ergebnis war der Prototyp XM803 - aber die Kosten stiegen immer höher, und das ganze Projekt wurde 1971 nach fast einem Jahrzehnt eingestellt, weil der US-Kongress seine Zustimmung zu weiteren "Investitionen" verweigerte.

xm803

Die Einstellung des Projekts bewahrte den US-Steuerzahler vor weiteren Ausgaben, aber sie löste nicht das Panzerproblem des amerikanischen Militärs, das langsam immer dringender wurde. Deshalb startete die Armee ein neues Projekt (mit der Bezeichnung MBT-75). Die Verantwortlichen trafen sich als Erstes mit den Panzerentwicklern, um mit ihnen die Umsetzbarkeit ihrer Forderungen zu diskutierten. Am Ende dieser Diskussion entstand ein Entwicklungskonzept ("Development Concept Paper"), das man - zusammen mit der Angabe zum Maximalpreis von 500 Tausend US-Dollar pro Fahrzeug - an das Verteidigungsministerium weiterleitete. Dieses Dokument wurde 1973 als die Basis des neuen Entwicklungsprogramms gebilligt. Im Gegensatz zum MBT-70 sollte der zukünftige Panzer nicht unbedingt das beste Kampffahrzeug auf der Welt sein; es sollte dabei ein vernünftiger, solider Kampfpanzer herauskommen, dessen Produktionskosten das geplante Budget nicht sprengten.

Das "Development Concept Paper" schlug einen Konstruktions-Wettbewerb zwischen zwei potenziellen Herstellern vor. Mit dieser Idee im Hinterkopf, beauftragte man die Unternehmen General Motors und Chrysler (die ihr Interesse an diesem Vertrag gezeigt hatten) im Juni 1973 mit der Produktion je eines Prototyps des neuen Kampfpanzers XM1 (die Nummer sollte den Neuanfang symbolisieren). Am Ende sahen die beiden Fahrzeuge ungefähr gleich aus: Jedes von ihnen hatte sieben Laufrollen und einen großen, schnittigen Geschützturm. Der eigentliche Unterschied war der Motor.

Der GM-Prototyp sollte von einem konventionellen Dieselmotor angetrieben werden, während der Chrysler XM1 mit dem Gasturbinenmotor Lycoming AGT-1500 lief, der erstaunliche 1500 PS leistete. Ein Vorteil des Turbinenmotors war neben seinem sehr hohen Verhältnis von Leistung zu Masse auch die Tatsache, dass er mehrere Treibstoffarten verwenden konnte. Der Treibstoffverbrauch war ziemlich hoch, aber angesichts der Tatsache, dass die Turbine kleiner als ein Dieselmotor mit der gleichen Leistung war, musste das Fahrzeug nicht vergrößert werden, um genug Platz für größere Treibstoffbehälter zu bieten - sie nahmen genau so viel Platz ein, wie sonst ein Dieselmotor zusätzlich beansprucht hätte.

xm1

Insgesamt waren die Prototypen nicht auf dem allerhöchsten technischen Stand, basierten dafür aber auf erprobten Technologien. Die neuen Konstruktionselemente der Prototypen basierten auf Erfahrungen aus Konflikten mit sowjetischen Fahrzeugen, unabhängig davon, woher sie kamen: Im Juli 1973 besuchte zum Beispiel eines der US-amerikanischen Entwicklungsteams die britische Entwicklungsanlage in Chobham, um die dort entwickelte Verbundpanzerung mit keramischen Bestandteilen zu erforschen (sie wurde später als die Chobham-Panzerung bekannt).

Im Gegensatz zu sowjetischen Konstrukteuren betrachteten die Amerikaner das automatische Ladesystem als unzuverlässig und zogen es vor, einen Ladeschützen einzusetzen. Dieser Ansatz hatte zusätzliche Vorteile: Der Ladeschütze konnte zum Beispiel andere Besatzungsmitglieder ersetzen und war da, um bei weiteren, für das Funktionieren des Fahrzeugs wichtigen Aufgaben zu helfen (Wartung, Reparaturen). Das erlaubte den Konstrukteuren ebenfalls, zwischen der Besatzung und der Munition (die hinten im Geschützturm gelagert wurde) eine Trennwand einzubauen und dadurch die Sicherheit der Besatzung zu erhöhen. Im Gegensatz dazu saßen die Besatzungen sowjetischer Panzer praktisch auf dem automatischen Ladekarussell - ein Mangel, der später in Tschetschenien zum Tod vieler sowjetischer Panzersoldaten führte.

Die Entwicklung sowjetischer Panzer zwang die Konstrukteure auch dazu, sorgfältig über das Problem mit der Hauptkanone des Panzers nachzudenken. Am Ende beschlossen sie, das ältere, aber bewährte 105-mm-Geschütz M68 zu verwenden (welches im Grunde die auf Lizenz produzierte britische Royal Ordnance L7 war). Mit der neuen APFSDS-Munition war die Kanone in der Lage, es mit den zeitgenössischen sowjetischen Panzern aufzunehmen. Während diese Lösung seinerzeit als ausreichend galt, war die Kanonenbefestigung und der Geschützturm speziell so konstruiert, damit die Kanone in der Zukunft durch etwas Größeres ersetzt werden könnte (wenn ein solches Geschütz verfügbar sein würde). Der Einsatz der M68-Kanone half dabei, die Standardisierung der NATO-Munition voranzutreiben.

Beide Prototypen standen im Februar 1976 für Versuche bereit. Die Deutschen - die zu dieser Zeit ihren eigenen Leopard 2 entwickelten - sollten ebenfalls an den Versuchen teilnehmen (mit dem Leopard 2 AV), aber seine Entwicklung verzögerte sich, und am Ende fanden die Versuche ohne ihn statt. Chrysler wurde zum Sieger erklärt. Die Armee machte sich etwas Sorgen über die Turbine, aber das war keine völlig neue Technologie: Diese Motorart fand mittlerweile erfolgreich in Hubschraubern Verwendung. Sowohl die USA, als auch Deutschland waren nach wie vor daran interessiert, einige Panzerteile zu vereinheitlichen, aber es stellte sich schnell heraus, dass die Meinungen dieser beiden Staaten zu unterschiedlich waren: Die Amerikaner mochten nicht die deutschen Gleisketten, und die Deutschen mochten nicht die Turbine und die automatische Übertragung, denn sie hielten sie für zu wartungsintensiv. Das Einzige, was am Ende einheitlich war, war die Kanone.

Ausgehend von den Versuchsergebnissen wurden die ersten elf vorseriellen XM1 mit geringfügigen Modifikationen gegenüber dem Prototyp (eine andere Kanonenblende, andere Laufrollen und Ähnliches) bestellt. Die Turbine war am Anfang auch problematisch und musste modifiziert werden, um ordentlich zu funktionieren: Die Staubfilter waren zuerst nicht sehr effektiv, und das Treibstoffsystem legte die Turbine unter bestimmten Umständen lahm. Außerdem sammelt sich an der Aufhängung so viel Schmutz, dass die Gleisketten sich lösten. Die Übertragung und die Gleisketten hatten eine niedrigere Lebensdauer als erforderlich. Die meisten dieser Probleme wurden aber 1978 während einer Reihe rigoroser Tests beseitigt, und während der Tests von 1979 erwies sich der XM1 als zuverlässig und robust. Das einzige bleibende Problem war die Logistik, da die Fahrzeuge große Treibstoffmengen verbrauchten und damit die Lieferkette belasteten.

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Im Anschluss an diese Versuche bestellte das Verteidigungsministerium Ende 1979 54 massenproduzierte M1-Fahrzeuge, um damit die erste Panzerbataillon auszurüsten (später wurde die Bestellung auf 110 Stück erhöht). Der erste massenproduzierte M1 wurde am 28. Februar 1980 der Armee in Lima, Ohio übergeben, wo das Produktionswerk sich befand. Das Fahrzeug erhielt die offizielle Bezeichnung "Abrams" (nach dem General Creighton Abrams) und wurde von Abrams' Witwe höchstpersönlich getauft - das betreffende Fahrzeug wurde zu Ehren des persönlichen Panzers von Creighton Abrams aus dem Zweiten Weltkrieg "Thunderbolt" genannt.

Aber das war erst der Anfang...

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