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Israels frühe Shermans

Eine der interessantesten, wenn auch schlecht dokumentierten Epochen der Panzerkriegsführung ist der Israelische Unabhängigkeitskrieg von 1948, im Verlauf dessen sich ein neu gegründetes Land entgegen aller Erwartungen gegen mehrere, gut ausgerüstete Gegner behaupten konnte. Die katastrophale Nachkriegspolitik der Briten im Nahen Osten führte dazu, dass sich der regionale Konflikt zu einem regelrechten Krieg ausweitete, bei dem Luft- und Panzerstreitkräfte zum Einsatz kamen.

Vom panzergeschichtlichen Standpunkt aus ist dieser Konflikt deshalb so interessant, weil ein Vielzahl von Panzermodellen aus den unterschiedlichsten Perioden daran teilnahmen, darunter der Hotchkiss H39 (für den Einsatz bei der syrischen Armee mit einem 2-Pfünder-Geschütz ausgerüstet) und der Renault R35, beides französische Leichtpanzer aus den 1930er-Jahren.

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Israeli M4A4 Sherman in the Latrun museum

Auch Israel verwendete eine breite Palette gekaufter und eroberter Fahrzeuge, doch der Panzer, der zur Hauptstütze der israelischen Flotte werden sollte, war der M4 Sherman.

TDer mittlere Panzer M4 ist neben dem sowjetischen T-34 der wahrscheinlich beste Panzer Zweiten Weltkriegs gewesen. Die exzellente Feuerkraft der mit einer 76-mm-Kanone ausgerüsteten späteren Modelle, kombiniert mit guter Mobilität und solidem Schutz der Besatzung, machte ihn zu einem populären und erfolgreichen Panzer. Auch wenn er in Amerika nach dem Krieg durch die Pershing/Patton-Serie ersetzt wurde, fand er in anderen Gegenden der Welt seine Abnehmer und verrichtete teilweise noch jahrzehntelang seinen Dienst. Schwer modernisierte chilenische Shermans fuhren sogar bis in die 1990er-Jahre hinein!

Zurück im Jahre 1948 fehlte es den neu gegründeten israelischen Streitkräften praktisch an allem. Auch wenn sich die Situation bei Kleinkaliberwaffen dank Lieferungen aus Frankreich und der Tschechoslowakei schnell änderte, herrschte bei Panzerfahrzeugen noch jahrelang Mangel. Oft wird behauptet, die ersten Shermans hätten ihren Weg nach Israel aus italienischen Beständen gefunden, was jedoch nicht ganz richtig ist.

Der allererste Sherman in israelischem Dienst war ein M4A2 mit Dieselantrieb, der bereits in Palästina stationiert war. Es war praktisch ein Wrack, das die Briten beim Rückzug in einem Reparaturdepot unweit der Stadt Tira zurückließen. Der Sherman gehörte ursprünglich zur Royal Wiltshire Yeomanry, einer Panzereinheit, die nach der berühmten und für die Briten verslustreichen Zweiten Schlacht von El Alamein mit diesen Fahrzeugen aufgerüstet wurde. Die Einheit blieb bis 1943 im Nahen Osten und ließ bei ihrem Abzug das besagte Fahrzeug zurück. Es rostete fünf Jahre vor sich hin, bis es von israelischen Mechanikern wieder zum Laufen gebracht wurde. Das mit einer standardmäßigen 75-mm-M3-Kanone ausgerüstete Fahrzeug wurde auf den Namen "Meir" getauft.

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Einer der frühesten israelischen Shermans

"Meirs" endgültiges Schicksal ist nicht bekannt - er überstand zwar den Unabhängigkeitskrieg (genauso, wie ein Mitglied seiner allerersten Besatzung, ein Kanadier namens Lionel Druker), sein weiterer Verbleib bleibt jedoch ein Mysterium. Manche Quellen behaupten, man hätte ihn in eine Selbstfahrlafette umgewandelt.

Die „italienischen“ Shermans waren das Ergebnis einer Initiative der israelischen Streitkräfte, ihr 82. Panzerbataillon mit weiteren Fahrzeugen auszustatten. Eine Delegation wurde ausgesandt, um die geeigneten Fahrzeuge auszusuchen, woraufhin 32 mit 105-mm-Haubitzen ausgerüstete M4 erworben wurden. Die Panzer waren immer noch einsatzfähig. Das große Problem bestand jedoch darin, dass die Fahrzeuge aus demilitarisierten Beständen stammten und zerstörte Kanonenrohre besaßen.

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Wrecks from which the first Israeli Shermans were built

Die ersten Panzer kamen im November 1948 ohne funktionsfähige Bewaffnung in Haifa an und wurden umgehend in die Werkstatt geschickt. Die restlichen Fahrzeuge kamen in zwei weiteren Schiffsladungen, im November 1948, bzw. Januar 1949. Die 105-mm-Geschütze konnten in den meisten Fällen nicht repariert werden, weshalb man damit begann, nach alternativer Bewaffnung Ausschau zu halten.

Am Ende wurde eine Lösung gefunden. Die Israelis kauften im September 1948 50 Krupp-Feldgeschütze von der Schweiz. Die ursprünglich für den Dienst in der Feldartillerie vorgesehenen Geschütze mussten für den Einsatz auf Panzerfahrzeugen angepasst werden. Leider gestaltete sich dieser Umbau zu kompliziert, weshalb die ersten Krupp-Shermans erst im April 1949 fertig waren und damit zu spät, um noch bei Kampfhandlungen des Unabhängigkeitskrieges eingesetzt zu werden. Die Israelis hatten zum Glück noch andere Optionen.

Drei funktionsfähige 75-mm-M3-Sturmgeschütze wurden noch rechtzeitig in Italien gekauft, um gemeinsam mit drei M3-Shermans und einem Cromwell an der Operation Horev teilzunehmen, bei der Israel im Dezember 1948 mit Erfolg die Ägypter aus der westlichen Negev-Wüste verdrängte. Einer der drei Shermans wurde nach dem für ihn verantwortlichen Techniker Tamar genannt und gilt heute, anstelle des Meir, als der erste israelische Sherman. Leider wurde Tamar auch zu dem ersten bei Kampfhandlungen verlorenen israelischen Panzer, da er unweit von El Arish zerstört wurde.

Es ist nicht genau bekannt, wie viele Shermans während des Unabhängigkeitskrieges im Einsatz waren. Während kaum einer der Krupp-Shermans zum Einsatz gekommen sein kann, sprechen manche Quellen von 14 israelischen Shermans, die im Krieg aktiv gewesen sind. Bei Kriegsende besaß Israel 32 von 33 Shermans seines in dem Konflikt eingesetzten Arsenals (die „Italiener“ und Meir), bei nur einem in der Schlacht verlorenen Fahrzeug (Tamar).

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"Tamar" during a parade

Diese Fahrzeuge bildeten den Ausgangspunkt der israelischen Panzertruppen (des 82. Panzerbataillons der 7. Gepanzerten Kampfbrigade). Kurz nach dem Krieg wurden die Krupp-Shermans mit neu erworbenen M3-Geschützen ausgerüstet und weitere Sherman-Einheiten von den Philippinen gekauft. Das führte zu einer wilden Mischung unterschiedlicher Sherman-Versionen, darunter sehr speziellen Modellen, wie den M4A4, deren mächtige Chrysler-A57-Multibank-Motoren durch R-975-Sternmotoren von Continental ersetzt wurden, mit denen die ersten M4 ausgestattet waren. Diese Umbauten wurden nicht im Land vorgenommen, man kaufte sie gleich mit, in den meisten Fällen von Frankreich.

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Israeli Shermans in 1950s during a parade

Auf längere Sicht würde das natürlich nicht reichen, um der Bedrohung durch die feindlich gesinnten Nachbarn standhalten zu können. Man war sich in Israel sehr wohl bewusst, dass insbesondere Syrien und Ägypten nicht gewillt waren, die erlittene Niederlage hinzunehmen und eifrig dabei waren, ihre Arsenale mit moderner Ausrüstung aus sowjetischer Produktion aufzustocken. Als Reaktion darauf beschloss man im Frühjahr 1956 den Kauf von 76-mm-Sherman-Varianten (v.a. der Modelle M4A1 (76) W und M4A3 (76) W). Diese Neuzugänge wurden offiziell M1 Super Sherman genannt (dieser Name bezog sich ausschließlich auf das erste M1-Modell, und nicht wie oft fälschlich behauptet auf den M50 oder den M51). Der 75-mm-Sherman wiederum bekam die Bezeichnung M3. Sowohl der M1, als auch der M3 nahmen am Sinai-Krieg von 1956 teil und dienten noch lange in der israelischen Armee.

Quellen:

  • D.Eschel - Chariots in the Desert
  • T.Gannon - Israeli Sherman
  • R.P.Hunnicutt - Sherman (A History of the American Medium Tank)
  • Valka.cz
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