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Interview: „Ich und mein Leopard 2“ - Teil 2

Im ersten Teil erzählte ADSL, wie er in den Panzer kam und schilderte uns seine ersten Schussversuche in einem Leopard 2. Heute erklärt er, wie es ist, ein "Eisenschwein" zu säubern.

Gab es etwas, was dir an dem Dienst nicht gefallen hat?

Na ja, es gibt einige Tätigkeiten in und um einen Panzer, die allgemein als nervig angesehen werden. Ob mir einige davon nicht gefallen haben? Sicherlich.  Aber nach all den Jahren, die ich von der Bundeswehr weg bin, verblasst langsam meine Erinnerung an schlechte Erlebnisse. Erstaunlicherweise kann ich mich besser an die guten Momente und lustigen Begebenheiten erinnern.

Viele denken ja, dass die Mannschaft nur mit dem Panzer in der Gegend herumfährt.

Keineswegs! Das ist völlig falsch.

Die Mannschaft muss sich fast um alles kümmern und nur die kompliziertesten technischen Arbeiten werden vom Serviceteam oder von Technikern übernommen. Natürlich hat jede Panzerbrigade ihre technische Abteilung mit entsprechendem Personal und Bergefahrzeugen. Die gewöhnlichen Arbeiten aber, wie Räder und Kugellager wechseln, Kettenteile oder Zahnkränze ersetzen, blieben oft an uns hängen.

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Die Arbeit an den Ketten mochte ich - darüber können wir später vielleicht reden - aber das nervigste war, die Bestien zu putzen. Wir hatten viele Namen für unsere Panzer. So sagten wir zum Beispiel nicht „Wir gehen zu den Leoparden“, sondern „Wir gehen zu den Eisenschweinen“. Warum? Nun, sie sind aus Metall, sie sind schwer und mögen den Schlamm, in dem sie sich wie Schweine suhlen. Deshalb gaben wir unseren Leoparden diesen Spitznamen.

Das Saubermachen ist ein undankbarer Job gewesen - wie Autowaschen halt, das man von Zeit zur Zeit erledigen muss. Viele werden jetzt lachen und sagen: „Schau dir die verrückten Deutschen an, die waschen ihre Panzer!“

Ja, das tun wir! Der Grund dafür ist einfach. Wenn wir schon draußen unterwegs sind, dann in unwegsamen Gelände ohne wirkliche Straßen. Panzerübungsplätze sind im Grunde genommen riesige Schlammbecken, wo wir uns sauwohl fühlen und alles ausprobieren können, wofür Panzer gemacht sind. Dabei bedeckt der Schlamm den ganzen Panzer und die Aufhängung sammelt so viel Sand und Schmutz an, dass man damit einen ganzen Kipplaster füllen könnte. Auch der Motorblock hat arg zu leiden (den Motorbereich nennt man wegen der charakteristischen Abdeckplatte auch Oberdeck).

Ihr könnt euch nicht vorstellen, wo der Sand und der Schlamm überall eindringen kann, doch nach einiger Zeit im Panzer gewöhnt man sich daran, ihn an den unmöglichsten Orten zu finden. Einen Teil der Schlammladung tragen die Panzer natürlich direkt in die Baracken. Wenn 14 Panzer, die zwei Tage lang im Schlamm unterwegs gewesen sind, in den Hangar zurückkamen, dann brachten sie den ganzen Sandbelag des Übungsplatzes mit sich. Vor der Rückkehr ging es also erst einmal in die Waschanlage.

Die meisten Übungsplätze verfügen über eine solche Anlage; unsere in Munster ist ziemlich groß gewesen. Das ganze erinnert in der Tat an eine Autowaschanlage und so funktioniert‘s: Zunächst wird der Panzer an einem der vielen Plätze abgestellt. Links und rechts des Panzers befinden sich riesige Wasserschläuche. Es handelt sich dabei nicht um Hochdruckstrahler, wie man sie aus Autowaschanlage kennt, oh nein! Die Schläuche erinnern eher an Feuerwehrschläuche und verwenden sogar die gleiche Art von Düsen. Der Druck reicht aus, um einen Menschen umzuhauen, weshalb gar kein Bedarf für einen Hochdruckkompressor besteht.

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Bevor man mit der Wäsche beginnt, verstaut man alle Sachen, die kein Wasser mögen, ins Innere des Fahrzeugs, sei es das Maschinengewehr an der Luke des Ladeschützen oder Antennen und ähnliches. Die Luken werden verschlossenen und die Turmkranzdichtung aufgepumpt (Leopard 2A4), damit kein Wasser eintreten kann. Die Fahrerluke muss fest verschlossen und versiegelt sein, ebenso der Motorraum, der mithilfe der Tauchhydraulik versiegelt wird. Die Tauchhydraulik schottet sämtliche Luftzugänge und Teile des Maschinenraums gegen Wasser ab. Sie wird normalerweise beim Waten oder beim vollständigem Abtauchen eingesetzt. In diesem Fall wird der Lufteinzug aus dem Mannschaftsraum heraus gesteuert, wobei ein sehr langer Unterwasserschacht an der Kommandantenluke angebracht wird (mehr dazu später). Sobald alles von zwei Besatzungsmitgliedern im Innern versiegelt wurde, beginnen wir damit, die Seitenschürzen abzunehmen.

Die Seitenschürzen bieten den oberen Kettenteilen und der Aufhängung Schutz gegen HEAT-Projektile. Sie sind aber auch ein wahres Sammelbecken für Sand und Schmutz. Die Seitenschürzen am Leopard 2 bestehen aus jeweils zwei Teilen. Die sogenannte schwere Schürze ist vorn am Panzer angebracht. Sie besteht aus demselben Metall, wie die Panzerung und ist extrem schwer. Der andere Teil, die leichte Schürze, beschützt die Seiten bis zum Heck und lässt sich relativ einfach abnehmen.

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Es gibt einige Sicherheitsschrauben, die entfernt werden müssen, bevor die Schürze um 90 Grad nach oben bewegt werden kann. Die vordere Schürze ist um einiges nerviger. Zuerst muss man eine dicke Schraube entfernen, die die Schürzensegmente zusammenhält. Sobald die Schürze bewegt werden kann, braucht man zwei bis drei Leute, einen auf dem Panzer und zwei am Boden.  Der vierte lockert die letzte Sicherheitsschraube. Sobald sich die Schürze bewegen lässt, verstellen die beiden Männer unten und der Kollege auf dem Fahrzeug die Schürze auf 90 Grad und sichern sie mit zwei Schrauben. Die Schürze ist sehr schwer und bringt bis zu 150 kg pro Segment auf die Waage, weshalb es gefährlich und verboten ist, sie allein zu bewegen. Die neueren Versionen des Leopard 2 (der A5 und der A6) besitzen ein modifiziertes System, dass sich leichter handhaben lässt. Ach, bevor ich‘s vergesse, die schwere Schürze besteht aus drei Segmenten auf jeder Seite, weshalb man die ganze Prozedur sechs mal wiederholen muss.

Nachdem die Schürzen abmontiert sind, kann man mit der eigentlichen Säuberung des Panzers beginnen. Vor allem die Aufhängung, die Kugellager und die Kettenräder müssen gründlich gereinigt werden. Der ganze Dreck muss weg. Danach sind die Ketten dran und sobald die untere Wanne mehr oder weniger sauber ist, wird die leichte Schürze herunter geklappt und die obere Wanne gereinigt. Hier wird nicht nur mit Wasser gesprüht, sondern auch mit Bürsten geschrubbt (die eine größere Version der für Autos verwendeten Bürsten sind), um den ganzen Sand vom Panzer zu bekommen. Und glaubt mir, selbst nach stundenlangem Schrubben findet sich immer noch Sand am Panzer. Wir sagten immer, dass die Tarnfarbe Sand und Schmutz förmlich anzieht.

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Und ob ihr‘s glaubt oder nicht - beim Putzen hilft auch der Kommandant tatkräftig mit. Ein Panzer hat vier Mann nötig, nicht drei und einen Boss. Selbst als Anführer eines Kampfzugs muss man sich um sein Fahrzeug kümmern. Ein hoher Rang entbindet einen nicht von harter Arbeit! Das Saubermachen dauert mit Vor- und Nachbereitung insgesamt 2-3 Stunden. Dabei muss man stets Regenschutz tragen, um nicht nass zu werden, auch wenn keine andere Mannschaft in der Nähe ist, die beschließt, sich eine Wasserschlacht zu liefern. Nach dem Saubermachen fühlt man sich echt ausgelaugt und sieht aus wie ein Schwein.

Am Ende muss noch der Waschplatz gesäubert werden. Üblicherweise ist alles voller Schlamm und Sand, nachdem der Panzer den Platz verlässt. Also sprühen wir den Platz sauber und bereiten ihn für die nächste Mannschaft vor. Ich weiß nicht genau, wie viele hundert Mal ich das gemacht habe, aber es war stets nervig, schmutzig und besonders an kalten Tagen ziemlich frustrierend. Nur wenn das Thermometer im Winter auf bestimmte Werte fiel, konnten wir dem lästigen Job manchmal entgehen.

Fortsetzung folgt - im nächsten Teil erfahren wir, wie sich der Leopard 2 auf dem Übungsgelände gegen den amerikanischen M1 Abrams schlägt...

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