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Fahrzeuge im Fokus: Dragoon 300

Der Dragoon 300 gehört zu den vielen unscheinbaren Arbeitspferden, die größtenteils unbemerkt Panzergeschichte geschrieben haben. Weder gewann er große Schlachten oder zeichnete sich für glanzvolle Siege mitverantwortlich, noch wurde er in hohen Stückzahlen gebaut – und doch erreichte er seinen Zweck. Er tat exakt das, was er tun sollte und er tat es gut.

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Und während der Dragoon bei Armored Warfare im wesentlichen ein Modell der 1980er-Jahre ist, begann seine Geschichte bereits in den 1970ern. Im Jahr 1976 erwägte das Military Police Corps der U.S.-Armee den Kauf einer beachtlichen Anzahl leicht gepanzerter Multifunktionsfahrzeuge. Die Anforderungen waren nicht gerade hoch. Die Armee wollte im Grunde eine Metallkiste auf vier Rädern, die gegen Kleinkaliberwaffen schützen würde. Das Fahrzeug sollte bis zu einem gewissen Grad lufttransportfähig sein (per C-130-Transporter) und als Basisschutz und Begleitfahrzeug für Konvois dienen.

Offenbar von dem Erfolg des LAV-150 von Cadillac-Gage inspiriert, entschloss sich die Verne Corporation zum Bau eines eigenen Modells, das die Entwickler Dragoon nannten. Der ursprüngliche Dragoon aus den 1970er-Jahren erinnerte zwar an den LAV-150, wies aber auch einige charakteristische Unterschiede auf. Zum einen war er größer, was je nachdem, wie man es betrachtet, ein Vor- oder ein Nachteil sein konnte. Einerseits machte ihn die Größe zu einem leichteren Ziel, andererseits konnte er größere Waffensysteme tragen, was ihn zur Grundplattform für eine ganze Fahrzeugfamilie prädestinierte.

Zum anderen verwendete er einige Komponenten, die bereits bei anderen Militärfahrzeugen der U.S.-Armee Verwendung fanden, insbesondere beim MTW M113 und beim Truck M809. Das machte das Modell theoretisch einfacher und billiger bei der Wartung, immerhin betrug der Anteil der austauschbaren Elemente laut den Herstellerangaben von Arrowpointe nahezu 70 Prozent. Am Ende werden es wohl weniger gewesen sein und der Vorteil schrumpfte noch weiter, als die M113 und M809 schrittweise ausgemustert wurden. Und es versteht sich von selbst, dass dieser Trumpf keine Bedeutung in Ländern hatte, die keines der beiden Fahrzeuge nutzten.

Wie dem auch sei, zog das Military Police Corps den Auftrag 1976 ohne Nennung von Gründen zurück. In mehreren Quellen wird behauptet, das hätte etwas mit Kürzungen des Militärbudgets im Zusammenhang mit dem desaströsen Krieg in Vietnam. Desweiteren sollte die Militärpolizei zukünftig nicht mehr an kriegerischen Auseinandersetzungen auf feindlichem Gebiet eingesetzt werden, was das gesamte Konzept überflüssig machte. Alles deutete auf ein Ende des Dragoons hin, was jedoch nicht der Fall war.

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Trotz des Rückschlags tat sich die Verne Corporation mit der Arrowpointe Corporation zusammen, um das Fahrzeug stattdessen auf dem freien Markt anzubieten. Verne zeichnete sich für die Entwicklung verantwortlich, während Arrowpointe den Vertrieb übernahm (was dazu führte, dass Arrowpointe oft fälschlicherweise als alleiniger Hersteller des Dragoon genannt wurde). Die ersten beiden Dragoon-Prototypen waren 1978 fertig und erhielten die Bezeichnung Dragoon 300.

Der Dragoon war ein 4x4-Radfahrzeug der leichteren Sorte und wog in der Standardvariante ca. 12,7 Tonnen (zwei Tonnen mehr als der LAV-150). Er besaß eine 3-Mann-Besatzung (Fahrer, Richtschütze, Kommandant) und konnte je nach Konfiguration zwischen 6 und 10 Soldaten transportieren.

Ähnlich wie bei anderen Fahrzeugen seiner Klasse schützte die XAR-30-Stahlpanzerung nur vor Kleinkaliberwaffen (7,62 mm oder kleiner) und Splittern – in heutiger Terminologie entsprach der Schutz STANAG 4569 Stufe 1.

Der Aufbau des Dragoons war einfach und robust, der Antrieb bestand aus einem Detroit 300-PS-Turbodiesel 6V-53T V6 Motor, der das Fahrzeug auf festem Untergrund auf bis zu 115 km/h beschleunigte. Das Getriebe war automatisch und der Antrieb konnte auf alle vier Räder verteilt werden.

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Interessanterweise war das Fahrzeug auch amphibisch, auch wenn es in Wirklichkeit nur sehr ruhige Gewässer in einem gemächlichen Tempo von 5 km/h durchqueren konnte. Die Funktion war kaum praktikabel und hing sehr von den lokalen Gegebenheiten ab.

Die Grundbewaffnung der MTW-Version bestand aus dem schweren .50cal-Maschinengewehr Browning M2, bei dem derselbe Drehbolzen zum Einsatz kam, wie beim M113. Es wurden aber auch andere Versionen angeboten, darunter:

  • Schweres Feuerunterstützungsfahrzeug (ausgerüstet mit Cockerill-Turm mit 90-mm-Kanone)
  • Leichtes Feuerunterstützungsfahrzeug (ausgerüstet mit einem Turm mit entweder zwei Maschinengewehren oder einer Kombination aus Granatwerfer und Maschinengewehr)
  • Mobile Befehlsstation
  • Vollzugsfahrzeug, bekannt unter dem Namen Patroller
  • Gepanzertes Logistikfahrzeug – ein für Transportzwecke modifizierter Dragoon

Und andere. Die bei Armored Warfare vorgestellte Version ist die schwere Feuerunterstützungsvariante mit einem Zwei-Mann-Turm und einer belgischen 90-mm-Cockerill-Kanone. Diese Variante läuft unter verschiedenen Bezeichnungen, wobei Light Forces Vehicle-90 (oder LFV-90) die gängigste ist. Der Turm ist übrigens nicht von Cockerill lizensiert gewesen , sondern wurde von Verne (und später von AV Technologies) unter Verwendung von XAR-30-Stahl gebaut. Die Feuerleitanlage der Waffe war rudimentär, ebenso die Sichtsysteme (der Richtschütze nutzte dabei das M36E1-Visier), wiewohl das System gegen den entsprechenden Preis mit moderner Elektronik aufgerüstet werden konnte, darunter einer Wärmebildkamera. Der Turm verfügte über ein Schnellmagazin mit 10 Schuss und weiteren 50 Geschossen im Inneren des Fahrzeugs.

Die beiden 1978er-Prototypen wurden nicht eingestampft, sondern der U.S.-Armee zu weiteren Testzwecken überlassen, die im Zuge des „High Technology Test Bed“-Programms der 9th Infantry Division durchgeführt wurden. Nach mehreren Jahren gelang es Arrowpointe schließlich, die U.S. Army und U.S. Navy zu überzeugen, den Fahrzeugen eine Chance zu geben, sodass die ersten Produktionseinheiten 1983 verkauft wurden. Die U.S. Navy setzte sie ihrer Bestimmung entsprechend als Basisschutz (buchstäblich zum Schutz einer Nuklearbasis in Alaska) und zu Patrouillenzwecken ein.

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Nach dem erfolgreichen Deal schlossen sich Verne und Arrowpointe im Jahr 1984 zur AV Technology Corporation mit Sitz in Troy, Michigan, zusammen. Der Konzern wurde einige Zeit später von General Dynamics Land Systems übernommen.

Ungeachtet der holprigen Anfänge ist die Dragoon-Serie erstaunlich langlebig gewesen – die letzten Dragoons wurden 2002 ausgeliefert. Im Jahr 1988 wurde die Polizeivariante Patroller vorgestellt und konnte das Interesse mehrerer amerikanischer Polizeieinheiten wecken. Zu den Abnehmern außerhalb Amerikas gehörten:

  • Venezuela
  • Tunesien
  • Thailand
  • Pakistan
  • Kamerun
  • Türkei

Die Türkei orderte 1998 140 Fahrzeuge für den Polizeieinsatz Eine Kampfwertsteigerung namens Dragoon 2 wurde 1997 vorgestellt, sie verfügte unter anderem über Verbesserungen der Reifen, der Panzerung, der Federung, der Heizsysteme und der Klimaanlage. Alles in allem wurden zwischen 1982 und 2002 etwa 400 Dragoons gebaut.

Im Jahr 2002 verkündete General Dynamics Land Systems das Ende des Dragoon-Programms. Das Fahrzeug blieb noch einige Jahre im Angebot des Konzerns (mit dem Werk General Dynamics Santa Bárbara Sistemas in Spanien als möglichen Baustandort), bis es 2008 endgültig aus dem Sortiment genommen wurde.

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Bei Armored Warfare ist der Dragoon 300 ein Jagdpanzer des 3. Tiers. Es ist eines der ersten Radfahrzeuge, auf das die Spieler im Spiel treffen und aufgrund des Allradantriebs und der hohen Wendigkeit nicht ganz einfach zu meistern. Wer sich mit dem Spielstil anfreundet, wird dafür mit einem extrem mobilen Fahrzeug und exzellenter Feuerkraft belohnt. Natürlich müsst ihr euch aufgrund der dünnen Panzerung von Gefahrenzonen fernhalten, bei geschickter Handhabung wird der Dragoon 300 auch aber als exzellente tödliche Waffe dienen.

Wir sehen uns auf dem Schlachtfeld!

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