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Elektrische Träume

Kommandanten!

Von den vielen Trends, mit denen sich die Militärs auf der ganzen Welt beschäftigen, gewinnt eine Tendenz immer mehr an Bedeutung – die Digitalisierung. Es gibt kaum eine neue experimentelle Technologie, die nicht mit Elektronik vollgepackt wäre.

Klingt logisch, denn schließlich leben wir ja in einem digitalen Zeitalter. Allerdings müssen Halbleiterbauteile und Transitoren nicht zwangsläufig die bessere Wahl darstellen, wie die Amerikaner 1976 herausfinden konnten, als sich ihnen die Möglichkeit bot, einen nagelneuen sowjetischen Kampfjet vom Typ MiG-25 in seine Einzelteile zu zerlegen. Dabei kam zutage, dass darin Elektronenröhren verbaut wurden, die dem Flugzeug hervorragenden Schutz gegen elektromagnetische Impulse verliehen, wie sie bei Atomexplosionen entstehen.

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MiG-25P in Japan

Da die Welt sich bekanntlich immer mehr vernetzt und die Reaktionszeiten immer kürzer werden, ist die Digitalisierung der militärischen Systeme unabwendbar. Dementsprechend müssen auch die taktischen Überlegungen in Bezug auf bewaffnete Konflikte der Zukunft angepasst werden.

Der Trend zu mehr Elektronik ist nicht neu und gestiegene Strombedarf einer kämpfenden Truppe ist ein Thema, das die Amerikaner bereits im Irak-Krieg beschäftigte. Der dort (und an ähnlichen Kriegsschauplätzen) eingesetzte SPz Bradley litt an mangelnder Stromversorgung, die das Funktionieren von kritischen Abwehrsystemen gefährdete. Besonders betroffen waren Maßnahmen gegen Minen und unkonventionelle Sprengsätze. Die Besatzung musste bisweilen andere Komponenten deaktivieren, um die Störsender am Laufen zu halten, was natürlich alles andere als ideal war. Für die folgenden Generation von Panzerfahrzeugen bedeutete dies, dass die Kapazitäten der internen Stromerzeugung erhöht werden mussten und heute kommt fast keine Kampfwertsteigerung ohne optimierte Hilfsaggregate aus.

Parallel geht der Trend auch zu Elektromobilität als Ersatz für die klassischen Antriebssysteme. Hierbei werden vor allem hybride Lösungen entwickelt. Es mag auf den ersten Blick verwundern, wie man eine relativ neue Technologie, die erst seit kurzem in Elektroautos zum Einsatz kommt, in einen Panzer packen will – und wozu? Lasst uns also einen Blick darauf werfen.

Erst einmal ist die Idee eines elektrisch angetriebenen Fahrzeugs nicht neu. Sie ist in Wirklichkeit ziemlich alt, nämlich genauso alt, wie der allgegenwärtige Verbrennungsmotor. Die Idee machte auch schon immer Sinn, weil ein Elektromotor schließlich viel einfacher aufgebaut ist, als ein Verbrennungsmotor. Doch die Rede ist vom späten 19. Jahrhundert und wie ihr euch vorstellen könnt, waren die damaligen Entwürfe kaum alltagstauglich und stellten bestenfalls Kuriositäten dar. Elektrizität fand trotzdem ihren Weg in den Massenverkehr in Form von diversen Hybridantrieben.

Bei einem dieselelektrischen Antrieb treibt ein Dieselmotor einen Generator an, der die mechanische Energie in elektrische Energie umwandelt. Diese treibt wiederum die Elektromotoren des Fahrzeugs an. Der Vorteil besteht darin, dass theoretisch weder Getriebe noch Kupplung benötigt werden, da die Drehzahl des Motors durch eine Steuerung der Stromzufuhr bestimmt werden kann. Nachteilig wirkt sich das Gewicht und die Größe des Systems aus, das sich damit effektiv nur für große Plattformen eignet, wie etwa Seeschiffe und Lokomotiven, wo es bis heute eingesetzt wird.

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Holt Gas Electric Tank, 1917, USA

Natürlich war auch das Militär an dieser neuen Technologie interessiert, sodass die ersten Fahrzeuge mit Hybridmotoren bereits im Ersten Weltkrieg auftauchten. Dieselelektrisch betriebene U-Boote waren bis zur Entwicklung von atomaren Antrieben der Standard schlechthin und ermöglichten es den Fahrzeugen, kurze Tauchgänge auf Batteriebasis zu unternehmen.

An Land war die Sache etwas komplizierter. Während und nach dem Ersten Weltkrieg wurden zwar diverse frühe Panzer mit Hybridmotoren ausgestattet, doch sie konnten in Sachen Zuverlässigkeit nicht mit konventionellen Verbrennungsmotoren mithalten, auch wenn die theoretische Fähigkeit zur Umkehrung der Motorpolarität und die damit verbundene Möglichkeit zur schnellen Wendung oder einem zügigen Rückzug sie für die Verwendung bei Kettenfahrzeugen durchaus interessant machte.

Das "goldene Zeitalter" der dieselelektrisch betrieben Panzer (wenn man es so nennen kann) brach im Zweiten Weltkrieg unter Ferdinand Porsche an, der mehrere Fahrzeuge mit diesem Antrieb entwickelte, darunter den serienmäßig produzierten Jagdpanzer Ferdinand/Elefant und den legendären Maus-Panzer. Alles in allem aber war das Ganze kein Erfolg. Der Elefant war notorisch unzuverlässig, schwer zu warten, verbrauchte enorm viel Kraftstoff und bildete am Ende, ähnlich wie der gefürchtete Tiger, eine Sackgasse der Panzerentwicklung. Dass eine solche Plattform überhaupt in Serie gehen konnte, war eine politische Angelegenheit und eher auf Hitlers Bewunderung für Porsche zurückzuführen, als auf gesunden Menschenverstand. Die Sieger konnten die erbeuteten Elefant-Panzer jedenfalls ausgiebig testen und taten sie als völlig unpraktikabel ab.

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Ferdinand in Kubinka

Im 20. Jahrhundert blieb elektrische Mobilität aufgrund der hohen Kosten und der beschränkten Reichweite auf nur wenige Nischen beschränkt. Seit der Jahrhundertwende wird jedoch wieder viel Geld in die Entwicklung elektrischer Mobilität gesteckt, was vor allem durch Umweltfaktoren und den praktischen Einsatz im Stadtverkehr bedingt wird.

Doch wie sieht es in diesem Zusammenhang mit dem Militär aus? Gibt es Interesse an elektrisch betriebenen Panzerfahrzeugen?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht einfach und kann grob als "vielleicht" formuliert werden. Private Unternehmen, wie der BAE-Konzern, arbeiten zwar an Hybridantrieben für existierende und zukünftige Fahrzeuge, was davon jedoch am Ende übrig bleibt, lässt sich nicht mit den aktuellen Entwicklungen bei Verbrennungsmotoren vergleichen. Man muss schon das große Ganze sehen, um wesentliche Unterschiede festzustellen.

Was einzelne Fahrzeuge betrifft, so bieten militärische Elektromotoren ähnliche Vorteile, wie ihre zivilen Entsprechungen:

  • Bessere Reaktionszeit
  • Augenblickliche Kraftzufuhr
  • Potenzielle Fähigkeit, sich sehr schnell zurückzuziehen
  • Verbesserte Geräuschkulisse

Zu den Nachteilen gehören momentan noch die potenziellen Reichweiten, die Bau- und Betriebskosten, die Zuverlässigkeit, sowie allgemeine Wartungsschwierigkeiten. Was die Vorteile angeht – seid ihr jemals auf einer Autoshow gewesen, wo ein Tesla so ziemlich jeden Sportwagen abgehängt hat? Genau darum geht's. Elektromotoren bieten große Mengen an sofort verfügbarer Antriebskraft, die sich bei Kettenfahrzeugen in einem enormen Anstieg von Beschleunigung und Mobilität übertragen lassen würde. Militärtechnologie ist allgemein auf Extreme angesetzt und arbeitet mit kurzzeitigen Höchstleistungen auf Kosten der Lebensdauer. Was nützt schon ein Motor, der Tausende von Kilometern zurücklegen kann, nur um nach wenigen Minuten im Kampf den Geist aufzugeben? Kraft und Agilität ist das, wonach man in der Schlacht strebt – je mehr davon, desto besser.

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Hybridkampffahrzeug von BAE

Die anderen Vorteile fallen dagegen weniger ins Gewicht, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Die Fähigkeit zu hohen Geschwindigkeiten im Rückwärtsgang ist nicht besonders praktisch, weil der Fahrer dabei oft kaum etwas sieht. Kameras können dabei zwar unterstützend sein, doch man sollte sich nicht darauf verlassen, ein 50-Tonnen-Fahrzeug über einen längeren Zeitraum im Rückwärtsgang zu fahren, weil es für die Besatzung, das Fahrzeug und die Umgebung extrem gefährlich sein kann.

Was die verbesserte Geräuschkulisse angeht, so ist ein Elektromotor im Vergleich zu konventionellen Antrieben einfach viel leiser. Das ist natürlich von Vorteil für leichte Radpanzer, zu deren Aufgaben die Aufklärung gehört, weshalb die U.S.-Army bereits entsprechende Hybridantriebe testet. Schwere Kettenfahrzeuge hingegen, wie Kampf- oder Schützenpanzer, relativieren diesen Vorteil aufgrund ihrer spezifischen Eigengeräusche (das Klackern von Gleisketten ist ein SEHR charakteristisches Geräusch, das kilometerweit zu hören ist), dem aufgewirbelten Staub und ihrer Wärmesignaturen. Natürlich gibt es unterschiedliche Mittel und Wege, um diese Faktoren zu reduzieren (Hitzeummantelung oder Geräuschunterdrückung), was jedoch nichts an der Tatsache ändert, dass diese Fahrzeuge schwer zu verstecken sind.

Und dann wären da natürlich die Nachteile.

Der erste und nächstliegende betrifft natürlich die potenziell begrenzte Reichweite, gleichwohl dieses Problem, zumindest für Kampf- und Schützenpanzer, nicht so gravierend ist, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Schließlich ist von Fahrzeugen mit 30 bis 50 Tonnen Gewicht die Rede. Einige Tonnen mehr an Batterien zu installieren mag für ein normales Auto problematisch sein, aber für einen Panzer? Nicht so sehr. Es gibt dabei aber natürlich einen Haken.

Die Kapazität eines modernen Lithium-Ionen-Akkumulators liegt bei 250 bis 300 Wh/kg. Jetzt nehmen wir als Beispiel ein modernes Kampffahrzeug mit 30 Tonnen Gewicht und statten es mit einem Motor aus, der 300 kW verbraucht. Angenommen, wir möchten mit ca. 400 km die Reichweite des SPz Bradley erreichen, auf die er bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h in 8 Stunden kommt, dann bedeutet dies bei einer Versorgung mit 300 kW pro Stunde 2400 kWh.

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BAE "Thor" Hybridantrieb Demonstrator

Bei einer Kapazität von 300 Wh/kg müsste eine solche Batterie also stolze 8 Tonnen wiegen. Das ist eine ganze Menge und es wird noch einmal mehr, wenn man in den Bereich von 1500-PS-Motoren eindringt. Diejenigen unter euch, die regelmäßig die Trends der SPz-Entwicklung verfolgen wissen, dass man sich eher auf die Konstruktion leichterer Panzerung bei gleichbleibendem Schutz konzentriert, als die alten Panzerungen mit immer neuen Komponenten zu verdichten. Einen sowieso schon als zu schwer geltenden Panzer zusätzlich mit einer extrem schweren Batterie zu belasten ist daher keine elegante Lösung.

Zum Vergleich führt der Bradley mit seinem alten Cummins-Motor etwa 700 Liter Dieselkraftstoff mit sich, was etwa 600 kg bedeutet.

Und natürlich wäre da noch die Frage, wo man so eine Batterie eigentlich platziert. Man kann sie nicht einfach anstelle der Treibstofftanks setzen, weil diese Tanks viel kleiner sind. Kampffahrzeuge sind im Bezug auf Größe generell beschränkt, um den logistischen Anforderungen zu entsprechen. Man kann sie also nicht einfach größer bauen. Bei gleichbleibender Größe würde das aber noch weniger Platz bedeuten, als jetzt schon in den meisten Panzern zur Verfügung steht. Es gibt natürlich noch weitere negative Eigenschaften, die gegen batteriebetriebene Fahrzeuge sprechen, doch diese soll erst einmal als Beispiel genügen.

Das bringt uns zum zweiten Problem – der Aufladung einer derart großen Batterie. Außer der langsamen Ladezeit (ein durchschnittliche Ladestation für PkW mit 22kW würde mehrere Tage benötigen, um eine 8-Tonnen-Batterie aufzuladen; moderne militärische Ladestationen bringen immerhin 350 kW auf) bleibt noch die Frage nach der Produktion der dafür benötigten Strommenge.

Elektrische Infrastruktur ist extrem anfällig und in vielen Einsatzgebieten (wie z.B. in Afghanistan) gar nicht vorhanden, weshalb die nötige Strommenge vom Militär selbst generiert werden müsste und der einzige Weg, um das zu bewerkstelligen, wäre die Verwendung von Dieselgeneratoren. Im Endeffekt würde das den oft zitierten Vorteil von Elektromotoren, keine fossilen Brennstoffe zu verwenden, wieder zunichte machen. Ganz zu schweigen von den Spritkosten. In Afghanistan nahm der Treibstofftransport 50 Prozent aller Transportkapazitäten in Anspruch und angesichts der Gefahren durch Überfälle und den erforderlichen Schutz der Konvois stieg der Preis eines einzigen Liters JP-8 auf stolze 85 USD.

Würde ein elektrisch betriebener Schützenpanzer diese Kosten senken?

Der Bradley verbraucht auf 100 Kilometer ca. 140 Liter Diesel, was bei einer Entfernung von 400 km durchschnittlich 560 Litern entspricht. Die U.S.-Armee verwendet momentan eine Vielzahl von Dieselgeneratoren, darunter einen 200-kW-Generator von GMG – angenommen, unser elektrisch angetriebener SPz mit einem Bedarf von 2400 kWh würde dieselbe Strecke zurücklegen, dann müsste er mit einem 200-kW-Ladegerät 12 Stunden lang geladen werden (bei idealen Bedingungen, die im realen Einsatz natürlich nicht gegeben sind).

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M2A3 Bradley

Ein voll geladener 200-kW-Generator verbraucht pro Stunde ungefähr 50 Liter Treibstoff. Die Aufladung eines solchen Fahrzeugs würde also 600 Liter Treibstoff verbrauchen, was mehr ist, als der Bradley für dieselbe Strecke benötigt. Bei einer gut ausgebauten Infrastruktur würde sich dieser Wert natürlich reduzieren, im Gegensatz zu den oben erwähnten Treibstoffkosten.

Es müssen aber noch weitere Faktoren berücksichtigt werden. Wo sich Treibstoff leicht in einen Behälter abfüllen lässt, kann man elektrische Energie nicht so einfach transportieren. Bei den erforderlichen Energiemengen ist Wartung und Reparatur kein Pappenstiel und unter Feldbedingungen geradezu unmöglich. Auch sind dazu keine einfachen Techniker fähig, sondern Spezialisten mitsamt der passenden Ausrüstung.

Darüber hinaus bestehen Batterien aus seltenen Elementen, wie Lithium und Kobalt, die sich nur schwer herstellen lassen. Besonders die Produktion von Kobalt gilt als sehr risikoreich und problematisch und der weltgrößte Hersteller, die Demokratische Republik Kongo, ist kein Garant für stabile strategische Zusammenarbeit.

Auch die Entwicklungs- und Beschaffungskosten einer solchen Technologie würden extrem hoch ausfallen und selbst diejenigen Militärs, die sich auf Kosten des Steuerzahlers einiges erlauben können, hätten gewiss ihre Schwierigkeiten, ein solches Unterfangen durchzubringen.

Und doch scheint es momentan in genau diese Richtung zu gehen. Das Amerikanische Verteidigungsministerium hat sich dazu verpflichtet, 25 Prozent der verbrauchten Energiemenge aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Das ist ein gewagtes Versprechen, wenn man bedenkt, dass sich dessen jährliche Stromkosten auf 20 Milliarden USD belaufen und der Stromverbrauch dem eines kleineren europäischen Staates entspricht.

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Akrep II, das erste türkische Kampf-elektrofahrzeug

Einige Verantwortliche beim U.S.-Militär sagen für die 2030er-Jahre eine fortschreitende Ausbreitung dieser Technologie voraus. So sollen einige Brigaden bis dahin mit einer neuen Generation von Fahrzeugen nach Art des NGCV ausgestattet werden. Dieser Schritt wird durch die Notwendigkeit der Einsparung von fossilen Kraftstoffen erklärt. Immerhin verbraucht eine 4 Tausend Mann starke Kamfbrigade 7.500 Liter davon an einem einzigen Einsatztag. Und auch wenn eine globale Entwicklung in diese Richtung für die unmittelbare Zukunft eher nicht abzusehen ist, scheint die Zukunft der U.S.-Armee in der Tat elektrisch zu sein. Ob und in welchem Maße auch andere Länder dem amerikanischen Beispiel folgen werden, bleibt abzuwarten.

Bei Armored Warfare hattet ihr bereits die Gelegenheit, einen Elektropanzer zu fahren. Eine experimentelle, hypothetische Version des türkischen KPz Altay konnte man als Hauptpreis der letzten Battle-Path-Kampagne gewinnen und sie verfügte unter anderem über den typischen Sound eines Elektromotors. Wer aber nicht in den Genuss gekommen ist, einen von ihnen zu fahren, muss jetzt keinesfalls verzagen.

Schon bald wird ein weiteres Hybridfahrzeug bei Armored Warfare auftauchen. Bleibt also auf dem Laufenden und erfahrt schon bald mehr!

Wir sehen uns auf dem Schlachtfeld!

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