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Der Fußballkrieg

Auch wenn Panzer und Fußball auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, waren beide in einen der interessantesten Konflikte des 20. Jahrhunderts verwickelt. Der Fußballkrieg, auch 100-Stunden-Krieg genannt, ist ein militärischer Konflikt zwischen Honduras und El Salvador gewesen, der an vier Tagen im Juli 1969 ausgetragen wurde. Den Anstoß lieferten drei Testspiele der Fußballweltmeisterschaft, die in tödlichen Ausschreitungen endeten.

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Salvadorische Soldaten während des Fußballkriegs

Während Fußball in Mittel- und Südamerika traditionell sehr ernst genommen wird, lagen die Gründe für den Konflikt um einiges tiefer. Als wichtigster Auslöser gilt die massenhafte, durch Überbevölkerung bedingte Auswanderung salvadorianischer Bürger nach Honduras, die sich als Bauern und Aushilfskräfte in der Landwirtschaft verdingten. Die landwirtschaftlichen Betriebe in Honduras lagen fest in der Hand von Großgrundbesitzern und amerikanischen Konzernen, wie der United Fruit Company, auf deren Druck hin das honduranische Parlament ein neues Gesetz verabschiedete, das die Beschlagnahmung und Umverteilung von Land salvadorianischer Emigranten ermöglichte.

Das Gesetz löste eine Welle gewalttätiger Proteste aus, an deren Ende dreitausend Tote und Verwundete zu beklagen waren (die meisten davon Zivilisten; die Verluste unter den Soldaten beliefen sich auf einige Hundert) und hunderttausende Salvadorianer aus Honduras ausgewiesen wurden. Dieser Exodus beeinflusste die Region jahrelang und das plötzliche Fehlen salvadorianischer Arbeitskraft bereitete der honduranischen Wirtschaft schwere Probleme, während die aus der Überbevölkerung resultierenden Spannungen in El Salvador ein Jahrzehnt später zu einem brutalen Bürgerkrieg führten.

Auch wenn der Fußballkrieg für den Einsatz veralteter amerikanischer Propellerflugzeuge auf beiden Seiten bekannt wurde, spielten auch Panzerfahrzeuge eine wichtige Rolle. Interessanterweise waren die meisten von ihnen mindestens genauso alt, wie die Flugzeuge aus der Ära des Zweiten Weltkriegs, die über ihnen kreisten.

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F4U Corsair, der gleiche Typ, der von beiden Seiten während des Kriegs benutzt wurde

Was den Einsatz von Panzertechnik anging, war die gesamte mittel- und südamerikanische Region ein besonderer Fall, weil die schwache wirtschaftliche Situation den Einsatz wahrlich veralteter Ausrüstung nötig machte. Die meisten dieser Fahrzeuge stammten aus ausgemusterten amerikanischen Beständen der Weltkriegszeit, hauptsächlich M3-Stuart-Panzer und ältere Varianten des M4 Sherman, wobei Peru sogar tschechoslowakische Leichtpanzer der Vorkriegszeit einsetzte - bis weit in die 1980er Jahre hinein. Eine weitere Besonderheit der südamerikanischen Panzertruppen war der Einsatz amerikanischer Halbkettenfahrzeuge in ihrer ursprünglichen Rolle als MTW, also etwas, was die amerikanische Armee seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr praktizierte.

In den Jahrzehnten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden diese alten U.S.-Fahrzeuge mehrfach modifiziert und verrichteten noch jahrzehntelang ihren Dienst. Typische Beispiele dafür sind der argentinische Sherman Repotenciado (der in den 2000ern in den Ruhestand ging) und der brasilianische Leichtpanzer X1 - eine schwer modernisierte Version des Stuart, die bis heute im Einsatz ist.

Davon konnte während des Fußballkriegs nicht die Rede sein. Im Jahre 1969 besaß El Salvador 6 M3A1 Stuarts ohne Kampfwertsteigerung. Wie diese Fahrzeuge nach EL Salvador kamen, ist nicht bekannt; einigen Quellen zufolge wurden sie erst 1969 gekauft, wobei wahrscheinlicher ist, dass sie direkt nach dem Zweiten Weltkrieg aus amerikanischen Altbeständen erworben wurden, als auch andere südamerikanischen Staaten ältere U.S.-Ausrüstung aufkauften. Chile erwarb damals 30 M3A1, Kuba und Kolumbien jeweils 12, Ecuador 42 und Mexiko 4.

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M3A1 Stuart, Foto von Greg Smith

Die honduranische Armee besaß zu dem Zeitpunkt des Fußballkriegs keine Panzerfahrzeuge, was wohl seinen Teil zu den frühen Verlusten beitrug. El Salvadors Armee war zunächst in der Überzahl und verfügte über die bereits erwähnten Stuart-Panzer, was in den ersten Stunden des Konflikts wichtige Vorteile verschaffte.

Der salvadorianische Angriff kam erst zum Stocken, als Honduras seine Luftwaffe mobilisierte, die zuerst die salvadorianische Luftflotte ausschaltete und anschließend die Treibstofflager der Gegner zerstörte, weshalb der Offensive buchstäblich der Sprit ausging. Kurz darauf wurden beide Konfliktparteien von anderen regionalen Mächten zu einem Waffenstillstand gedrängt, der den viertägigen Konflikt beendete.

Eine Frage bleibt jedoch offen - wenn der Stuart Light Tank bereits am Ende des Zweiten Weltkriegs veraltet gewesen ist, warum wurde überhaupt noch eingesetzt?

Die Antwort ist einfach - wenn eine Armee nur über Gewehre und Handgranaten verfügt (oder bestenfalls Artillerie), bieten selbst museumsreife Panzer gewichtige Vorteile. Südamerika im Jahre 1969 war weit entfernt von den großen Panzerschlachten eines Sechstagekriegs, bewaffnete Konflikte wurden mit Gewehren und Feldgeschützen ausgetragen, weshalb auch ein alter Stuart seiner Rolle auf dem Schlachtfeld gerecht werden konnte.

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