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Combat Vehicle 90: Eine schwedische Erfindung

Autor: Huginn (mit besonderem Dank an PanzerAce).

Im Jahre 1984 schrieb das schwedische Militär den Auftrag für ein neues Militärfahrzeug aus, mit den Hauptmerkmalen kompakte Kanone, hohe Mobilität, Transportkapazität von Truppen und einer Entwicklungszeit von 5 Jahren. Ein Jahr später taten sich Bofors Defence und Hägglunds & Söner unter Aufsicht des schwedischen Beschaffungsamts zusammen, um ein Fahrzeug zu entwickeln, dass die Anforderungen der schwedischen Panzertruppen erfüllen würde. Der Pbv (Pansarbandvagn (Schützen- und Transportpanzer)) 301 wurde in den 1970er Jahren durch den Pbv 302 ersetzt, der irgendwann seinerseits einen modernen Nachfolger benötigte. Das schwedische Militär verlangte nach einem soliden Fahrzeug, das den Herausforderungen des modernen Schlachtfelds standhalten konnte.

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Pansarbandvagn 302, Foto von Jorchr

Der CV90 ist ein extrem vielseitiges Modell und wurde seit dem Produktionsstart immer weiter optimiert. Es sind viele Versionen im Einsatz, hauptsächlich in Form von Schützen- und Transportpanzern. Mit wenigen Ausnahmen teilen sich alle Modelle das Fahrwerk und das Profil, was die Mitglieder der Fahrzeugfamilie leicht erkennbar macht. Die größten Änderungen im Aussehen betreffen kleinere externe Modifikationen des Fahrwerks und des Geschützturms, sowie größere Änderungen der Innenausstattung, wie sie bei den neuesten Modellen zu beobachten sind.

Das Design des CV90 lässt sich bis zu den UDES-Entwicklungsprojekten von 1973 zurückverfolgen. Diese waren darauf ausgelegt, neben theoretischen Grundlagen auch technische Lösungen und Prototypen für mehrere Bereiche der schwedischen Panzerflotte zu erarbeiten, die kostengünstig und effizient zu sein hatten. Eine Studie mit dem Namen UDES 09 gilt als Inspiration für das zukünftige Design des CV90. Es handelte sich dabei um den Entwurf für einen Schützenpanzer mit 25-mm-Maschinenkanone.

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CV90, CV9040B Variante, Foto von Jorchr

Die schwedische Armee bestellte fünf Prototypen des CV90, die im Jahre 1988 für Tests bereitstanden. Drei Prototypen trugen als Optionen unterschiedliche Hauptwaffen: eine 40 mm Bofors L/70 Maschinenkanone, eine Bushmaster I 25 mm Maschinenkanone und eine 30 mm Bushmaster II Maschinenkanone. Die anderen zwei Prototypen waren unbewaffnet und dienten allein Testläufen des Fahrwerks unter Feldbedingungen. Die Tests verliefen ausnahmslos erfolgreich. Die Mobilität übertraf dank des Scania Turbodiesel DSI 14 V8 600 PS-Dieselmotor, der den Panzer auf 60 km/h beschleunigte, sogar alle Erwartungen. Mit acht Infanteriesoldaten im Truppenraum wog das Fahrzeug 23 Tonnen.

Mit etwas Vorarbeit konnte es leicht zu einem Amphibienfahrzeug modifiziert werden. Die Panzerung wurde einem SPz mehr als gerecht - das Panzerstahl war in der Lage, die Besatzung frontal gegen 30-mm-Maschinenkanonenfeuer zu schützen. Diese Anforderung entstand aufgrund gefürchteter Konfrontationen mit dem BMP-3 und anderen sowjetischen Schützenpanzern, die zu jener Zeit als potenzielle Bedrohung angesehen wurden.

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CV90, CV9040A Variante, Foto von Jorchr

Die Tests wurden 1991 abgeschlossen und die 40-mm-Version für den Dienst in der schwedischen Armee auserkoren, was der ersten Bestellung für den CV9040 (auch Stridsfordon 90 bzw. Strf 90 genannt) gleichkam. Ursprünglich wollte die schwedische Armee CV90-Modelle sowohl mit 25-mm-, als auch mit 40-mm-Maschinenkanonen einsetzen, doch kurz vor den Testläufen bescheinigte man der 25-mm-Maschinenkanone zu wenig Feuerkraft. Die Bofors ist eine bewährte Flugabwehrkanone, deren Geschichte bis in die Zeit vor den Zweiten Weltkrieg zurückreicht. Über mehrere Generationen selbstfahrender Flugabwehrgeschütze hinweg, die vom ungarischen Nimrod bis zu den amerikanischen M42 Duster und M247 Sergeant York reichten, ist es stets eine zuverlässige und flexible Waffe gewesen. Das Geschütz war mit dem Mk.1 APFSDS-Projektil in der Lage, 170 mm starkes Panzerstahl durchschlagen, mit der Mk.2-Version sogar über 200 mm. Schweden ist das einzige Land, dass die 40-mm-Bofors-Version des CV90 verwendet.

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CV90, CV9040A Variante im schwedischen Dienst, 2005

Doch selbst diese Allzweckwaffe kommt nicht ohne Probleme aus. Die Munitionskapazität der großen 40x364-mm-Geschosse ist auf 232 Stück begrenzt, von denen sich 24 im Magazin befinden. Dagegen ist die 30-mm-Bushmaster II ist in der Lage, mit nahezu 600 Projektilen mehr als die doppelte Menge zu tragen. Das bedeutet, dass ein Fahrzeug länger im Gefecht verbleiben kann, bevor es sich in die Versorgungsbasis zum Nachladen zurückziehen muss.

Als zweites Land nach Schweden bekundete Norwegen Interesse an dem CV90, der neben dem älteren und schwächer gepanzerten M113 zu offensiven Zwecken eingesetzt werden sollte. Die 30-mm-Version des CV90 wurde ins Nachbarland verschifft, um bei Testläufen gegen den amerikanischen Konkurrenten M2 Bradley zu bestehen. Die Tatsache, dass der CV90 speziell für die besonderen Anforderungen der skandinavischen Landschaft mit ihren Fjorden, Bergen und Hügeln ausgelegt gewesen ist, bescherte ihm einen klaren Vorteil. Der Bradley hatte mit großen Problemen zu kämpfen, als es hieß, durch 50 Zentimeter tiefen Schnee zu waten, was für das norwegische Militär natürlich nicht hinnehmbar war. Ungeachtet der Tatsache, dass der Bradley im Panzerkampf klare Vorteile an den Tag legte, gewann der CV90 den Wettbewerb und wurde in einer Stückzahl von 104 Einheiten geordert. Damit ist der 30 mm CV9030 Mk.1 das erste Exportmodell der Serie gewesen, das ins Ausland verkauft wurde.

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CV90, CV9040C Variante, Foto von Jorchr

Ein neuere CV90-Variante mit 35 mm Bushmaster III Maschinenkanone wurde 2004 nach 3 Jahren Entwicklungszeit vorgestellt. Dieses Modell wurde nach Dänemark und in die Niederlande exportiert. Dieser SPz glänzte durch moderne Upgrades, darunter einem veränderten Geschützturm, rundum verstärkte Panzerung und besseren Schutz gegen unkonventionelle Sprengvorrichtungen, was exemplarisch für die Vielseitigkeit der Upgrades für dieses Fahrzeug steht.

Es wurden jedoch nicht nur SPz gebaut. In den 1990 testete man einige außergewöhnliche Leichtpanzer, sowie eine Version als 120-mm-Zwillingsmörser. Das erste entwickelte Modell dieser Reihe ist der CV90105 TML aus dem Jahr 1994 gewesen. Dieses mit einer gezogenen 105-mm-Hauptkanone ausgerüstete Fahrzeug entstand in Zusammenarbeit von Hägglunds und GIAT. Seine Karriere war jedoch von kurzer Dauer und schon bald wurde das Projekt aus unbekannten Gründen eingestellt. Das Ur-Modell wurde weiter modifiziert, woraufhin 1998 der erste CV901290-T-Prototyp erschien. Er besaß einen neuen Geschützturm und eine RUAG CTG 120/L50 120-mm-Glattrohrkanone, die ihm eine mit Kampfpanzern vergleichbare Feuerkraft verlieh.

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CV90, 120mm CV90120-T Variante, Foto von Konflikty.pl

Die Erfolgsgeschichte des Modells ist noch nicht abgeschlossen. Momentan wird der CV90120 „Ghost“ mit modernster Optik, einer neuen 120 mm Glattrohrkanone und der aktiven „Adaptiv“ Thermaltarnung als Stealth-Panzer der nächsten Generation entwickelt.

Es existiert außerdem eine Version des CV90 mit 120-mm-Zwillingsmörser, dem CV90 AMOS (eine Abkürzung für Advanced Mortar System). Die Entwicklung dieses Modells begann 1996, es verfügt über präzise Feuerkraft und ist für Missionen mit direktem Feuer gewappnet. Das AMOS-System selbst findet Verwendung in der finnischen Version des Patria AMV.

Nach dem Erfolg mit dem Originalmodell wurde Hägglunds 1997 von Alvis C&E übernommen und landetet schließlich 2004 im Besitz der BAE Systems. BAE Systems ist einer der weltweit größten Rüstungskonzerne. Das Interesse am CV90 ist mit der Übernahme durch einen „Global Player“ noch gestiegen, genauso wie die Vielseitigkeit der Plattform, was sich in der Entwicklung seit 2015 widerspiegelt, mit neuen Upgrades, Verbesserungen und Prototypen.

Ein Beispiel für modernste Technologie ist die Entwicklung einer aktiven Aufhängung, die sich an Systemen aus der Formel 1 orientiert. Mit dieser neuen Technik brach der CV90 Armadillo Geschwindigkeitsrekorde für Panzer mit bis zu 100 km/h als Spitze unter Schlachtbedingungen.

Feuertaufe

Seinen ersten Kampfeinsatz erlebte der CV90 im November 2007 in Afghanistan, während der Operation „Herekate Yolo“ in der Provinz Faryab. In dieser Schlacht geriet die Afghanische Nationalarmee unter schweren Beschuss der Taliban. Sowohl das 2. Bataillon, als auch das Küstenjägerkommando (Kystjegerkommandoen) der norwegischen ISAF-Truppen setzten ihre CV90-Einheiten erfolgreich ein, um die Taliban unter schweren Verlusten zurückzuschlagen. Ermöglicht wurde dies durch die exzellente Reichweite der 30-mm-Bushmaster, dank der die Norweger gezielt gegen die Geschütze der Taliban vorgehen konnten, während sie selbst vor Angriffen des Gegners sicher waren.

Der CV90 kann eine exzellente Schlachtbilanz in Nahen Osten vorlegen, bei der er viele Kämpfe nahezu unbeschadet für sich entscheiden konnte. Dabei gab es nur einen einzigen tödlichen Zwischenfall, als ein USBV unweit eines CV90 explodierte und den Fahrer tötete.

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CV90, CV9030 Exportvariante der norwegischen Streitkräfte in Afghanistan

Aktuell ist der CV90 in Schweden, Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Norwegen und der Schweiz im Einsatz. Andere Länder, die seinen Einsatz in Erwägung zogen, waren Großbritannien, Kanada und die Vereinigten Staaten. Der CV90 ist eine exzellente Plattform, die sich bislang hervorragend präsentiert hat und auch für die Zukunft spannende Upgrades verspricht. Dank seiner Vielseitigkeit und kostengünstigen Effizienz dominiert der CV90 langsam aber sicher den europäischen SPz-Markt.

Teil 2 kommt bald.

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