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Aus den Archiven: Geteilte Macht

Wenn es um internationale Beziehungen in den Jahren 1945-1946 geht, müssen viele Faktoren und komplizierten Zusammenhänge in Betracht gezogen werden, die weit über den Inhalt eines einzigen Buches hinausreichen (von diesem Text ganz zu schweigen). Deshalb wollen wir uns an dieser Stelle mit einem besonderen Aspekt der Nachkriegsära beschäftigen, nämlich der Bruderschaft der Nationen, die der gemeinsame und leidvolle Kampf gegen das Naziregime zusammengebracht hatte.

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Czechoslovak T-34 "Lidice" during the assault on Kiev, photo by VÚA-VHA

Ein brüderlichen Bund bestand zwischen der Tschechoslowakei und der Sowjetunion. Ungeachtet der Vorkriegssituation und der „geopolitischen Lage“ fühlten Soldaten beider Nationen eine enge Verbundenheit, die ihnen eine niemals für möglich gehaltene Zusammenarbeit ermöglichte. Und so kam es, dass tschechischoslowakische Offiziere, die 1946 in der Sowjetunion weilten, um den Transfer gekaufter T-34 in ihre Heimat abzuwickeln, zu den ersten Verbündeten wurden, die den Schwerpanzer IS-3, sowie den nagelneuen mittleren Panzer T-54 zu Gesicht bekamen - und sich schwer beeindruckt zeigten. Hier ein Ausschnitt aus dem Bericht des Oberstleutnants der Panzertruppen J. Čech an das tschechoslowakische Verteidigungsministerium. Das ganze Dokument kann aus rechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden.

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T-54, early model

Der Bericht besagt folgendes:


Prag, 25. April 1946

Betreff: Die während des Aufenthalts in der UdSSR gesammelten Erfahrungen und daraus gezogene Rückschlüsse

Dies ist eine Zusammenfassung des Berichts über neue Kampffahrzeuge in der UdSSR, der von dem für den Transfer verantwortlichen Major E. Šrámek verfasst wurde:

Wir sollten Interesse an dem Stalinec III bekunden, dem neuen Stalinec-Modell. Er besitzt eine 122mm-Kanone und einen 750 PS-starken V-2-Motor (mit Kompressor). Die Frontalpanzerung an Wanne und Turm ist jeweils 15 cm dick. Der Geschützturm ist rund und flach, der Innenraum großzügig geschnitten. Die Wannenfront ist gut gewinkelt und prägnant. Die Seiten sind nach innen gewinkelt. Der Panzer kann frontal von keinem Geschütz durchschlagen werden. Die Aufhängung besteht aus durchgehenden Torsionsstäben. Das Fahrzeug wird von einer Viererbesatzung gesteuert. Die Munition ähnelt der des vorherigen Stalinec-Modells. Das Fahrzeug ist sehr niedrig, ca. 220 cm. Der Fahrer hat seine eigene Luke. Die Turmluke ist groß und besteht aus zwei Seiten. Sehr komfortabel beim Ein- und Aussteigen. Der Geschützturm ist mit einer großkalibrigen Kanone ausgerüstet. Sie wiegt 46 Tonnen.

Desweiteren gibt es den T-54-Panzer. Der Motorraum wurde speziell an den V-2-Antrieb angepasst. Der Panzer besitzt ein 100-mm-Kaliber-Geschütz und bringt es auf 70 km/h Höchstgeschwindigkeit. Die Aufhängung besteht aus Torsionsstäben. Das Fahrzeug ist sehr niedrig und wiegt 36 Tonnen, die Silhouette erinnert an den JS 3 und die Frontpanzerung ist dicker als beim T-34.

Die Produktion des T-34 läuft bald aus. Die Sowjets bauen neben den genannten Modellen auch den SU-122 und den SU-152 und geben an, in Zukunft keine kleineren Fahrzeuge bauen zu wollen.

Meine Empfehlung lautet, statt einer T-34-Brigade eine T-54-Brigade anzuschaffen, oder wenigstens einige Fahrzeuge für Analysezwecke, sodass wir bei den neuesten Entwicklungen im Militärdesign auf dem Laufenden bleiben.

Akzeptiert und Transfer angeschlossen: 65 T-34/85-Panzer aus dem Gorki-Werk. Diese verbesserte Version wiegt mit Besatzung 36 Tonnen. Der neue Turm ist drei Tonnen schwerer, als dessen Vorgänger.


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The IS-3 originally purchased in 1950, photo by Adamicz

Wie man sieht, ist die Einschätzung des Verfassers nicht immer präzise gewesen, machte jedoch großen Eindruck auf die verantwortlichen Offiziere. Der Februarumsturz von 1948 hatte einen negativen Einfluss auf die tschechoslowakische Panzerproduktion, weshalb die lizensierte Produktion des T-34/85 erst 1951 begann und bis 1965 insgesamt 3185 unterschiedliche Varianten des T-34 hergestellt wurden. Ab 1957 wurde anstelle dieses Modells der T-54A produziert. Man beachte auch die interessanten Namensunterschiede im Text, wo der IS-3 sowohl „Stalinec“, als auch JS 3 genannt wird, wobei der erste Name wohl eine bei den tschechoslowakischen Truppen weitverbreitete Bezeichnung war und der zweite sich an dem offiziellen Namen orientiert.

Was den IS-3 selbst betrifft, so fand er doch noch seinen Weg in die tschechoslowakische Armee, wenn auch nur für kurze Zeit. Die Tschechoslowakei erwarb 1950 zwei IS-3-Schwerpanzer für Testzwecke. Die Testergebnisse ließen sehr zu Wünschen übrig und man entschied sich gegen die Nutzung schwerer Panzer in der tschechoslowakischen Armee, die sich fortan auf mittlere Panzer beschränken sollte. Die beiden IS-3-Panzer kamen bei Militärparaden und im Training zum Einsatz, einer landete schließlich in einem Militärmuseum im slowakischen Lešany.

Quellen:

  • Sammlung des Verfassers (mit besonderem Dank an J. Tintera und V. Francev)
  • Valka.cz
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