Geschichte der polnischen Panzerfahrzeuge

Die Entwicklung der polnischen Panzertruppen begann mit dem alliierten Sieg von 1918. Die erste polnische Panzertruppe wurde aus ehemaligen Einheiten der polnischen Legionen in Frankreich gebildet, mit der von General Józef Haller angeführten Armee als Kern. Diese Armee wurde in Frankreich am 4.6.1917 auf politischen Druck der im Exil lebenden Polen gegründet und kämpfte bis zum Ende des Krieges gegen die deutschen Truppen.

Die polnischen Einheiten in Frankreich bekamen ihre Ausrüstung hauptsächlich von den Gastgebern (so wie später die Amerikaner) und nach dem Ende der Kampfhandlungen ist die ins wiedergegründete Polen heimgekehrte Armee gut ausgerüstet gewesen (unter anderem mit 1000 Fahrzeugen und 500 Motorrädern). Der Kern der entstehenden polnischen Panzertruppen bestand aus 120 französischen Renault FT-Leichtpanzern, die in dieser Zeit die modernsten Panzerfahrzeuge der Welt. Das stellte die polnische Armee schlagartig in eine Reihe mit den damaligen militärischen Supermächten.

ft17

Die erste Panzereinheit (das 1. Panzerregiment - 1 Pułk Czołgów) ist bereits in Frankreich gegründet worden. Von seinen 120 Renault FT-Panzern sind 75 mit 37mm SA18-Kanonen von Puteaux bestückt gewesen, während die restlichen 45 Hotchkiss 8mm Geschütze trugen. Neben Panzern verfügte das Regiment über eine Vielzahl von Unterstützungsfahrzeugen, Lastwagen und einigen Traktoren. Das Regiment bestand aus zwei Bataillonen, einer Kommando- und einer Reparatureinheit. Das erste Bataillon umfasste zwei Panzerkompanien, das zweite Bataillon - drei. Jede Kompanie bestand aus zwei Zügen von je 5 Panzern, sowie einer Kommando- und einer Technikereinheit.

Anders als die ebenfalls neu gegründete Tschechoslowakei, hatte Polen von Anfang an mit der Sowjetunion einen theoretisch weit überlegenem Feind zu fürchten, gegen den es vom 12.2.1919 bis zum 18.10.1920 Krieg führte. In diesem Jahr kamen die polnischen Panzertruppen das erste Mal zum Einsatz, neben den französischen Fahrzeugen kamen auch in Polen gebaute Ford T-Panzerwagen zum Einsatz. Polen ist damit eines der wenigen Länder der Welt gewesen, das von Beginn an eigene Panzerfahrzeuge baute. Der Krieg ist sehr brutal gewesen und brachte die Sowjetarmee bis vor die Tore von Warschau, wo sie während einer Gegenoffensive zurückgeschlagen wurden, was direkt zum Waffenstilstand am 18.10.1920 führte.

ford T

In diesem Krieg hatten die Renault-Panzer sowohl einen entscheidenden militärischen Einfluss, als auch einen psychologischen Effekt, der die Moral der polnischen Truppen stärkte. Ihr Einsatz ist relativ erfolgreich gewesen, manche Quellen sprechen von 12 verlorenen Renault FT-Panzern, was das 1. Panzerregiment als erfolgsgekrönte Kampfeinheit aus dem Krieg hervorgehen ließ, während die Polen über 40 gepanzerte Fahrzeuge der Sowjets erbeuten konnten. Viele interessante Beispiele für improvisierte polnische Waffen stammen aus den Kämpfen um Lemberg und Schlesien, woraus folgt, dass die Entwicklung polnischer Panzertruppen ihren Anfang buchstäblich im Feuer des Gefechts begann.

Der siegreiche Krieg gegen die Sowjets hatte jedoch einige Besonderheiten, die in späteren Konflikten zu einer Plage für das polnische Militär werden sollten - zum einen ist die berühmte polnische Kavallerie sehr erfolgreich dabei gewesen, die russischen Truppen im morastigen Gebiet von Ostpolen zu besiegen, was die Rolle der Kavallerie im Militär stärkte und den „alten Haudegen“ in der Führungsriege Einfluss verlieh, die sich der weiteren Mechanisierung entgegen stellten. Als man sich später entschloss, die polnische Armee komplett zu modernisieren, war es bereits zu spät.

Mit dem Ende der Kämpfe besaß die polnische Armee neben 100 eigenen Renault FT-Panzern eine Vielzahl an erbeuteten Fahrzeugen. Eine große Anzahl an unterschiedlichen Modellen instand zu halten stellte sich als schwierig heraus und es wurde versucht, die Panzerflotte mit der Lizenzproduktion des wz.28 Halbkettenfahrzeugs (ursprünglich ein Citroën Kengresse) und des Radpanzers wz.29. Man brauchte allerdings die ganzen zwanziger Jahre, um eine Industrie aufzubauen, die eine heimische Panzerproduktion tragen konnte.

wz29

Zwischen den Kriegen ist der in die Jahre kommende Renault FT das Rückgrat der polnischen Panzertruppen gewesen. Es wurde im Jahr 1931 mit dem Kauf mehrerer britischer Vickers Mk.E-Exportpanzer verstärkt, einem exzellent entworfenen Fahrzeug. Als wichtigste gepanzerte Einheit fungierte immer noch das 1. Panzerregiment, das zunächst in Żurawica, später dann in Poznań stationiert gewesen ist.

In Friedenszeiten konnte sich die polnische Armee ernsthaft der Entwicklung einer eigenen Panzerproduktion widmen. Einer der ersten Orte, an dem gepanzerte Fahrzeuge und Panzer repariert und instandgehalten wurden, ist die „Zentrale Autowerkstatt“ („Centralne Warsztaty Samochodowe“) in Warschau gewesen. Die Werkstatt reparierte und inspizierte zunächst die existierende polnische Panzerflotte (hauptsächlich gepanzerte Fahrzeuge und Renault FT-Panzer) und nahm sich Mitte der zwanziger Jahre der Entwicklung heimischer Panzerprojekte an. 1928 wurde sie umstrukturiert und in „Państwowe Zakłady Inżynieryjne“ umbenannt, besser bekannt als PZInż. PZInż erhielt eine Monopolstellung und wurde zum vorherrschenden Entwickler von polnischen Panzerfahrzeugen und anderen militärischen Vehikeln, sowie Privatfahrzeugen.

Ein weiterer Meilenstein der polnischen Waffenentwicklung war die Gründung des Warschauer Technischen Instituts, das neben einer Entwicklungsabteilung für Panzer auch eine militärische Testeinheit unterhielt, die auf einem Testgelände in Modlin die Prototypen auf Herz und Nieren prüfte. Viele Fahrzeuge wurden dort währen der frühen 30er Jahre getestet, darunter der französische Renault NC, Tanketten von Carden Lloyd und Fiat-Autos. In der Zukunft würden auch alle polnischen Entwicklungen in Modlin getestet werden.

Seit den frühen 30er Jahren durchlief die polnische Armee ein Mechanisierungs- und Motorisierungsprogramm, in dessen Rahmen hunderte von Fahrzeugen angeschafft wurden (darunter Panzer). Und während das Programm für polnische Verhältnisse adäquat war, bedeutet dies nicht, dass die Armee Ende der 30er Jahre weitgehend mechanisiert wäre. Stattdessen ist die Mehrheit der mobilen Truppen auf Pferden unterwegs gewesen, und wie viele Armeen ihrer Zeit verpasste es auch die polnische, auf Panzerdivisionen als mächtigste Angriffsverbände zu setzen (im Gegensatz zu dem deutschen Militär) und bündelte ihre Panzerfahrzeuge nicht zu separaten Verbänden. Sie wurden auf bereits bestehende Kavallerie- und Infanterieeinheiten verteilt, was ihr Angriffspotenzial merklich verwässerte.

TKS

Die meisten polnischen Modelle der 30er Jahre sind außerdem sehr leicht oder auf Lizenz produzierte Versionen ausländischer Fahrzeuge gewesen. Dessen ungeachtet ist die Entwicklung eine enorme Leistung gewesen: Anders als der südliche Nachbar Tschechoslowakei erbte Polen nach dem Krieg keine Schwerindustrie und das Land war von kriegerischen Konflikten gezeichnet. Es ist also in der Tat eine große Leistung gewesen, aus dem Nichts eine ganze heimische Waffenindustrie aufzubauen.

In den 30er Jahren und bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs ist das häufigste polnische Panzerfahrzeug die Tankette der TK-Serie gewesen, von der mehr als 500 Stück gebaut wurden. Die meisten dieser kleinen Fahrzeuge waren mit leichten Maschinengewehren bestückt und im Kampf gegen Panzer ziemlich nutzlos, wogegen einige mit potenten 20mm-Kanonen ausgestatteten, wendigen TK-Tanketten den deutschen Aggressor erheblichen Schaden zufügen, wobei sie sich sogar gegen die fortgeschrittenen deutschen Panzer III und IV behaupten konnten. Der aus polnischer Sicht wohl größte Erfolg gelang 18.9.1939 Roman Orlik, der mit seiner 20mm-Kanone zwei Panzerkampfwagen 35(t) und einen Panzer IV außer Gefecht setzte, wobei auch Erbprinz Victor IV Albrecht von Ratibor getötet wurde. Ungeachtet dieser Heldentaten machten diese Tanketten insgesamt keine Furore und wurden nach Polens Eroberung von den Deutschen allein zu Trainingszwecken verwendet.

7TP

Die polnischen Leichtpanzer sind einen Deut besser gewesen. Der 7TP ist eine verbesserte, lizensierte Version des Vickers Mk.E gewesen, bestückt mit einigen interessanten Erweiterungen, wie etwa dem Gundlach-Panzerperiskop. Nach der Einführung dieses Geräts in polnischen 7TP-Panzern wurde die Konstruktion von den Briten kopiert und in vielen ihrer Fahrzeuge während des Weltkriegs eingesetzt. Auch wenn die leichten 7TPs und Renaults R35 den deutschen und tschechoslowakischen Fahrzeugen unterlegen waren, so konnten sie sich erstaunlich gut im Kampf behaupten. Neben diesen serienmäßig hergestellten Fahrzeugen besaßen die Polen einige vielversprechende Prototypen, darunter eine verbesserte Version des 7TP (manchmal fälschlicherweise 9TP genannt) und den Christie-basierten 10TP, der zwar dem sowjetischen BT ähnelte, im Vergleich zu ihm aber mehr Power besaß. Kurz vor dem Krieg ist die polnische Armee wie folgt ausgerüstet gewesen:

  • 161 Vickers Mk.E und 7TP-Panzer
  • 50 Renault R35 Leichtpanzer
  • 102 Renault FT Leichtpanzer
  • 100 wz.29 und wz.34 Radpanzer
  • 561 TK und TKS Tanketten

Ungeachtet der relativ großen Anzahl an Panzerfahrzeugen und der Bravour der polnischen Soldaten, musste sich Polen dem erbarmungslosen Feldzug der deutschen und sowjetischen Truppen ergeben, worauf die heimische Waffenproduktion für fast ein Jahrzehnt unterbrochen wurde. Nachdem Hitlerdeutschland seinen einstigen Verbündeten im Osten angriff, bildeten sich im sowjetischen Exil polnische Truppen (inklusive Panzerbrigaden), sodass schon bald zweihunderttausend polnische, mit sowjetischen Waffen ausgerüstete Soldaten in den Krieg ziehen konnten, um an der Seite der Roten Armee gegen den Faschismus zu kämpfen. Im Westen kämpften polnische Exiltruppen zunächst in Frankreich und Afrika, später auch unter britischem Kommando in der Normandie und darüber hinaus.

T-3476

Die polnischen Exiltruppen sind für ihren Mut und ihre Zähigkeit berühmt gewesen. Eine der besten Einheiten ist die 1. Polnische Panzerdivision unter General Stanisław Maczek gewesen, einem extrem begabten Befehlshaber, der gegen die Deutschen in Polen und Frankreich bekämpfte und den gesamten britischen Feldzug mitmachte.

Nach dem Krieg begann die Produktion von Panzerfahrzeugen mit einem modifizierten sowjetischen T-34 an, der den Namen T-34-85M2 trug und der erste serienmäßig produzierte Nachkriegspanzer war. Vom Original unterschied er sich durch mechanische Details und den flacheren Geschützturm. Die Entwicklung hörte dort nicht auf und es wurde eine signifikante Menge an unterschiedlichen Versionen von sowjetischen Panzern gebaut, neben interessanten Lösungen für moderne Kampfpanzer - doch das ist eine andere Geschichte.

Nach oben

Sei dabei!